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Was bedeutet „alt“ für ein Klavier oder einen Flügel?
Liebe Klavierfreudinnen und -freunde,
haben Sie auch schon einmal von einem Bekannten gehört, er habe ein wirklich altes Klavier zu Hause? Wenn man dann fragt, wie alt das Instrument denn sei, bekommt man selten eine realistische Antwort, da viele gar nicht wissen wie alt ihr Instrument daheim wirklich ist. „Sehr alt, bestimmt über 25 Jahre“, kann aber auch die Antwort lauten. Ist das alt?
Eigentlich nicht, denn oftmals gehen die Menschen, die nicht allzu viel davon wissen, davon aus, dass ein Instrument – ebenso wie ein Fernseher, ein Auto oder auch ein Kühlschrank – nach zwei Jahrzehnten eigentlich schon uralt ist.
Die Wahrnehmung für das Altern von Gütern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch aufgrund der minderen Qualität von normalerweise langlebigen Produkten stark verändert. Im Gegenteil zu früheren Zeiten, wo man einen Herd, einen Backofen oder auch einen Fernseher weit über 30 Jahre lang benutzte, geht man heute mit diesen Wertgegenständen anders um, das zeigen allein die Verkaufszahlen von Fernsehern in den vergangenen Jahren, die dafür sprechen, dass sich Menschen beständig einen neuen Monitor ins Zuhause holen, während der alte wahrscheinlich noch funktioniert, aber dann doch auf dem Wertstoffhof landet …
Bei akustischen Tasteninstrumenten ist die Sachlage allerdings ganz anders. Das liegt zum einen an der handwerklich-hochwertigen Herstellung dieser Instrumente, zum anderen an den Werkstoffen, die dafür verwendet werden: Neben der Gussplatte sind dies in der Regel abgelagerte Hölzer, hochwertige Filze, und die paar Kunststoffteile, die es an und in einem Klavier gibt, sind ebenfalls von hoher Qualität (denken Sie nur an die Tastenbeläge).
Natürlich hat dies alles auch immer mit der Herstellung selbst zu tun. Je aufwendiger ein Hersteller dem handwerklichen Ideal des Klavierbaus nachkommt, umso langlebiger sind die Instrumente in der Regel. Aber japanische Instrumente haben uns bewiesen, dass auch eine Serienproduktion von einer Langlebigkeit sein kann, die man diesen Instrumenten in den 1960er und 1970er Jahren noch nicht zugetraut hätte.
Das bedeutet: Ein Instrument, das aus dem Baujahr 1990 stammt, ist – natürlich je nachdem wie stark es durch Spieler beansprucht wird – durchaus noch als jung zu bezeichnen, während ein Automobil des selben Jahrgangs, 2020 bereits die Oldtimer-Plakette erhalten kann.
Immer wieder findet man Instrumente aus den 1950er Jahren, die sich in einem hervorragenden Zustand befinden, ja selbst Instrumente aus der goldenen Zeit der 1920er Jahre sind oftmals von hervorragender Qualität, wenn der Besitzer dafür gesorgt hat, dass das Klavier oder der Flügel gestimmt, gewartet und gepflegt wurde.
Ein Klavier ist immer so gut und so lange gut, wie man es regelmäßig vom Klavierbauer durchsehen lässt, dafür sorgt, dass jede Reparaturnotwendigkeit wahrgenommen wird, das Instrument unter guten klimatischen Bedingungen steht und so fort.
Dann ist es – zur Unbill der Hersteller – wahr, dass ein solches Instrument für mehrere Generationen gebaut ist.
Carsten Dürer
- Chefredakteur PIANONews -